Mit dem Apollo-Programm wurde nicht nur der Mond entdeckt, sondern erstmals auch die Erde aus neuer Perspektive gesehen. Im Kampf gegen die Klimakatastrophe ist dieser Blick inzwischen unverzichtbar.
6.000 Wissenschaftler:innen und Industrie-Vertreter:innen aus 119 Ländern versammelten sich Ende Juni im Wiener Austria Center, um sich über den aktuellen Stand der Erdbeobachtung auszutauschen. Alle 3 Jahre veranstaltet die Europäische Weltraumagentur ESA das Living Planet Symposium, dieses Jahr in der österreichischen Hauptstadt.




Europas Copernicus-Programm: Eines der besten der Welt
Mit dem Copernicus-Programm betreibt die ESA für die EU eines der wichtigsten Erdbeobachtungsprogramme weltweit. Die Sentinel-Satelliten, die dafür die Erde umkreisen, sammeln täglich ungefähr 25 Terabyte an Daten. Im Gegensatz zu vielen Anbietern solcher Daten, stehen jene des Copernicus-Programms allen Menschen weltweit kostenfrei zur Verfügung. Abgerufen werden können sie auf der Copernicus-Website.
Diese Daten werden von Forscher:innen, Firmen aber auch Katastrophenschützer:innen verwendet. So konnten mit Sentinel-2-Daten Methanlecks in Industrieanlagen und Pipelines aufgezeigt werden, die von den Betreibern dann behoben wurden. Auch Waldbrände, Vulkanausbrüche, Fluten oder Erdbeben werden beobachtet und von der ESA in Notfällen an die Verantwortlichen weitergeleitet, um Hilfe vor Ort leisten zu können.





Vom „Blue Marble“ zur Datenflut
Erstmals erkannte man, wie wertvoll die Erdbeobachtung sein kann, als man während des Apollo-Programms in den 1960er Jahren die Erde aus einer neuen Perspektive erblickte: Als „Blue Marble“, also als blaue Murmel im weiten All. Das so entstehende globale Bewusstsein rief das Landsat-Programm auf den Plan.
Die ersten Landsat-Satelliten wurden 1972 von der NASA gestartet. Das Programm ist bis heute aktiv, der 9. Satellit startete 2021 ins All. Damit wurden über Jahrzehnte hinweg konsistent Daten geliefert, mit denen sich heute Vergleiche ziehen lassen. Vor allem für die Klimaforschung ist das essenziell.
Erdbeobachtung sorgt für Demokratisierung
Mit Projekten wie dem ESA-Demonstrator „Green Transition Information Factory“ (GTIF) bekommen Menschen ein mächtiges Werkzeug. In dieser Demo, die für Österreich programmiert wurde, können Sentinel-Daten auf einer Karte abgerufen werden. Die Plattform liefert u.a. Informationen über das Solarenergie-Potenzial für das eigene Haus, Oberflächentemperaturen und Luftverschmutzungsmessungen. Auch die Frage, ob ein Haus eine Dachbegrünung hat, beantwortet die interaktive Karte.
Entscheidend ist dabei, dass die ESA versucht, solche Werkzeuge so einfach und barrierefrei wie möglich aufzustellen. Noch gelingt das nicht ganz, aber trotzdem können Gemeinden und die Bevölkerung diese Daten und Fakten kostenfrei nachschlagen. Das macht solche Plattformen zu einem wichtigen demokratischen Werkzeug, auf dessen Basis politische Entscheidungen getroffen werden können.
Ein weiteres Beispiel dafür ist die österreichische AgriApp, ein Demonstrator für die Kulturgruppenbestimmung auf Felder. Das Tool ermöglicht es zu identifizieren, was auf einem Feld angebaut wird. Das gleicht es mit den angemeldeten Nutzungsarten ab und checkt noch dazu, ob Flächen versiegelt worden oder ob man rechtzeitig gemäht hat um die Biodiversität zu erhalten. Das dient nicht der Kontrolle, sondern soll ohnehin stattfindende Vor-Ort-Untersuchungen abschaffen und damit einen hohen Bürokratieaufwand.
Podcast
Das gesamte Gespräch findet ihr überall wo es Podcasts gibt und auf YouTube.