Auf der Erde stehen überall Teleskope – seien es kleine Fernrohre von Hobby-Astronom:innen oder riesige wissenschaftliche Observatorien mit metergroßen Spiegeln. Sie stehen oft in hohen Wüstenregionen, wo die Temperaturen niedrig, die Atmosphäre dünn und die Lichtverschmutzung minimal ist. So befindet sich die Europäische Südsternwarte (ESO) Doch so beeindruckend und effektiv diese Instrumente sind, sie haben ihre Grenzen – zumindest hier auf der Erde.

Die größte Grenze ist die Erdatmosphäre. Sie schützt uns vor gefährlicher Strahlung, die sonst tödlich für den Menschen wäre. Um also Gamma-, Röntgen- und Infrafortstrahlung erfassen zu können, müssen wir außerhalb der Erdatmosphäre messen. Nur so gelingt es uns, ferne Galaxien und Sternensysteme zu analysieren, z.B. auf ihre Bestandteile.

Doch auch andere Gründe sprechen dafür, Teleskope im All zu betreiben. Die Atmosphäre verzerrt Sterne, lässt sie flackern, insbesondere wenn die Temperaturen steigen. Dann befindet sich mehr verdunstetes Wasser in der Atmosphäre und die Sicht verschwimmt. Das kann am Boden mit Software ausgeglichen werden, ideal ist es trotzdem nicht.

Auch die zunehmende Zahl der Satelliten, die um die Erde kreisen, machen Astronom:innen zu schaffen. Schon in Aufnahmen mit wenigen Minuten Belichtungszeit tauchen immer häufiger Satelliten auf. Wie eine Lichtline ziehen sich vorbeifliegende Satelliten durch das Bild. Belichtet man die ganze Nacht, ist die Chance hoch, viele Satelliten zu erwische und damit ein möglicherwiese unbrauchbares Bild zu erhalten.

Auf diese Astro-Aufnahme aus dem Salzkammergut von 2022 hat sich trotz kurzer Belichtungszeit von 5 Minuten ein Satellit geschlichen (Credit: Franziska Bechtold)

Große Vereinigungen wie die Internationale Astronomische Union (IAU) machen immer wieder darauf aufmerksam, wie Megakonstellationen wie Elon Musks Starlink oder Jeff Bezos Kuiper Nachthimmelbeobachtungen immer schwieriger machen. Laut IAU befinden sich derzeit 8.404 aktive Satelliten im Orbit, Pläne gibt es für 548.023.

Anfänge im All

Schon in den 1920-er Jahren erklärten Pioniere wie Hermann Oberth und Herman Noordung, warum Weltraumteleskope die Astronomie verändern würden. Bis erstmals Satelliten ins All gebracht wurden, die Technologien dafür erprobten, sollte es aber bis in die 1960er Jahre dauern.

Sowohl die Sowjetunion als auch die USA schickten damals Satelliten ins All, die vor allem die Funktion bahnbrechender Technik testen sollten. Die sowjetische Proton-Reihe untersuchte von 1965-68 starke kosmische Teilchenstrahlung. Die 4 Satelliten des Orbiting Astronomical Observatory der NASA (1966 – 1975) konnten erstmals Aufnahmen von UV-Strahlung machen.

Eine der größten Errungenschaften des OAO-Programms war aber der Star Tracker, der heute in keinem Weltraumteleskop fehlt. Damit gelingt es, das Teleskop im All auf bestimmte Regionen auszurichten. Dabei hat das Weltraumteleskop eine Karten bekannter Sterne an Bord. Anhand der Karte lässt sich genau bestimmen, wohin das Teleskop gerade blickt – und wie es sich drehen muss, um eine neue, spezifische Region zu beobachten. Es funktioniert also ein bisschen wie eine Sternenkarte auf der Erde, mit deren Hilfe man sein Teleskop auf die Region einstellt, die man gerade beobachten möchte.

Kartenbeautragte: ESA

Europa baute schon früh Weltraumteleskope und schaffte sich ein Arbeitsfeld, dass bis heute relevant ist: Das Kartographieren. Begonnen hat das bereits mit COS-B (Cosmic Ray Satellite B) 1975. Mithilfe des Satelliten wurde erstmals eine Gammastrahlenkarte der Milchstraße gemacht.

Weitergeführt wurde das 1989-93 mit Hipparcos. Das Teleskop hat 118.218 Sterne mit höchster Präzession vermessen. 1.058.332 Sterne wurden weniger präzise aber trotzdem mit zuvor unerreichter Genauigkeit erfasst. Damit begannt die Arbeit am Sternenkatalog, den die Mission Gaia von 2014 bis 2025 weiterführte.

GAIA vor der Karte der Milchstraße aus dem 3. Datenpaket (Montage, Credit: Spacecraft: ESA/ATG medialab; Milky Way: ESA/Gaia/DPAC; CC BY-SA 3.0 IGO. Acknowledgement: A. Moitinho.)
GAIA vor der Karte der Milchstraße aus dem 3. Datenpaket (Montage, Credit: Spacecraft: ESA/ATG medialab; Milky Way: ESA/Gaia/DPAC; CC BY-SA 3.0 IGO. Acknowledgement: A. Moitinho.)

Hubble: Eine Ikone, die nicht stirbt

Kein Teleskop hat die Wissenschaft aber auch die öffentliche Wahrnehmung des Weltraums bisher so tiefgreifend verändert, wie Hubble. Seit 1993 eröffnet das Teleskop einen unglaublichen Blick ins All – und das, obwohl es mit einer riesigen Fehlkonstruktion begann.

Denn Hubble wurde bereits 1990 in seinen Orbit, etwa 600 km über der Erde, gebracht. Zwei Monate nach dem Start dann die Schock-Nachricht: Unebenheiten am Hauptspiegel sorgten für sogenannte „sphärische Aberration“ und waren damit unscharf. Zugrunde lag ein Produktionsfehler.

Nachdem man den Fehler auf der Erde rekonstruierte, konnten die Forscher das „Corrective Optics Space Telescope Axial Replacement“ (COSTAR) herstellen. Es ist etwa so groß wie ein Kühlschrank und wurde im Rahmen der ersten Service-Mission zum Teleskop installiert – und setzte Hubble so eine (sehr komplexe) „Brille“ auf. Diese technische Meisterleistung sorgte dafür, dass Hubble, wenn auch erst drei Jahre nach dem Launch, die Wissenschaft veränderte. Insgesamt 5 Wartungsmissionen wurden mit dem Space Shuttle zu Hubble durchgeführt. Die letzte fand 2009 statt.

Mehr als schöne Bilder

Die meisten verbinden Hubble mit atemberaubenden Aufnahmen, die fast wie Gemälde aussehen und die Fantasie aller Weltraum-Fans befeuern. Doch wirklich entscheidend sind die laut NASA 21.000 wissenschaftlichen Studien, die bisher damit durchgeführt wurden:

  • Erstmals wurden Elemente aus den Anfängen des Universums untersucht
  • Erstmals wurde die Existenz supermassereicher Schwarzer Löcher bewiesen und gezeigt, dass Schwarze Löcher im Kern fast jeder Galaxie sitzen
  • Erstmals wurde die Kollision zweier Objekte aufgenommen
  • Erstmals wurden in der Atmosphäre eines Exoplaneten organische Moleküle entdeckt

Auch das Alter und die Expansion des Universums, die heute gilt, ist auf Hubble zurückzuführen. Zuvor konnte das Alter des Universums nur auf 10 bis 20 Milliarden Jahre eingegrenzt werden. Durch die präzisere Messung der Ausbreitungsrate, also der Geschwindigkeit, mit der sich das Universum ausdehnt, konnte die heute gültige Zahl von 13,7 Milliarden Jahren bestimmt werden.

Auch wenn Hubble immer wieder mit technischen Problemen kämpft, ist es noch in Betrieb. Ob es – vermutlich 2030 – kontrolliert abstürzen wird, oder man erneut eine „Rettungs-Reparatur“ plant.

Hubble-Nachfolger: James Webb Space Telescope

2021 startete dann der Hubble-Nachfolger, das James Webb Space Teleskop (JWST), ins All. Mit seinem 6,5-Meter-Hauptspiegel (bestehend aus 18 Einzelspiegeln) übertrifft es Hubbles 2,4 Meter-Spiegel deutlich. Doch James Webb sieht damit nicht nur genauer, sondern schafft es mit seinen 4 Instrumenten auch hinter Gaswolken zu blicken.

JWST-Instrumente

MIRI (Mittlerer Infrarotbereich) untersucht vor allem das frühe Universum und die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien.

NIRSpec (Nahinfrarot Spektrograph) bestimmt die chemische Zusammensetzung, Temperatur und Masse von Objekten, wie Exoplaneten und weit entfernte Galaxien.

NIRCam (Nahinfrarotkamera) erfasst das Licht der ersten Galaxien im Universum und jungen Sternen in der Milchstraße. Mit einem Koronografen kann es Licht von Sternen ausblenden und so Exoplaneten untersuchen.

NIRISS (Nahinfrarotkamera und Spaltloser Spektrograph) sorgt für die richtige Ausrichtung und Nachführung während Beobachtungen. Es kann auch für die Suche nach Exoplaneten genutzt werden

Anders als Hubble wurde das JWST zum 1,5 Millionen Kilometer entfernten Lagrange-Punkt-2 geschickt. Dort befinden sich auch weitere Teleskope, die gemeinsam mit Webb um den L2 kreisen. Dieser Punkt – und andere Lagrange-Punkte, markieren jenen Ort, an dem die Schwerkraft zwischen den Himmelskörpern, vor allem Erde und Sonne, sich ausgleicht.

Die große Entfernung erlaubt keine Fehler wie bei Hubble. Das Teleskop sowie die europäische Ariane 5 übertrafen die Erwartungen. Weil die Rakete das Teleskop so punktgenau auf Kurs brachte, musste kaum Treibstoff für eine Korrektur der Bahn benutzt werden. Damit verdoppelte sich die Betriebszeit von 10 auf 20 Jahre. Unterwegs faltete sich zudem automatisch das Sonnensegel aus (21 x 14 Meter), um die Instrumente auf die Betriebstemperatur von -233 Grad zu bringen.

Die ersten Bilder wurden 2022 veröffentlicht und sorgten für Begeisterung. Die Forschung steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Erforscht wird das frühe Universum und damit Fragen wie: Gab es schon kurz nach dem Urknall Schwarze Löcher? Zudem werden bekannte Exoplaneten auf ihre Zusammensetzung untersucht und die Geburtsstätten von Sternen analysiert.

Hubbles berühmte Säulen der Schöpfen wurden auch von Webb fotografiert. Der Blick durch Gas und Staub, der Hubble verwehrt bleibt, macht den Blick auf junge Sterne frei (Credit:NASA, ESA, CSA, STScI; J. DePasquale, A. Koekemoer, A. Pagan (STScI))

Zwei Teleskope stehen jetzt in den Startlöchern: das Nancy Grace Roman Teleskop der NASA soll 2026 starten und ua. Dunkle Energie untersuchen. Damit ergänzt es das 2023 gestartete europäische Teleskop Euclid. Die ESA plant mit PLATO ebenfalls 2026 ein Teleskop ins All zu bringen. Es soll nach Exoplaneten suchen, die in der „habitablen Zone“ sein könnten. 2029 will die ESA mit ARIEL dann ein Weltraumteleskop starten, das bekannte Exoplaneten genauer untersucht.

Podcast

Die gesamte Folge 15 könnt ihr überall, wo es Podcasts gibt, hören und bei YouTube.

https://youtu.be/33xg0nphaIU