1991 schwebte Österreichs erster und bisher einziger Astronaut begleitet vom Donauwalzer in die sowjetische Raumstation MIR. Seine Mission beinhaltete 16 Experimente. Doch sie war auch ein Zeichen internationaler Zusammenarbeit. Deshalb brachte er seinen Kollegen im All ein Gastmahl mit, das österreichischer kaum hätte sein können.

Mit dabei waren: Wiener Reisfleisch von Inzersdorfer aus der Dose, Roggenbrot von Ankerbrot, Schinken von Messner, Vösslauer Mineralwasser, Mozartkugeln von Mirabell, Kaffeepulver von Hornig und PEZ-Spender von Haas Nährmittel aus Linz.

Vielleicht fragt man sich jetzt: Warum war da kein Schnitzel dabei? Der Grund dafür ist die bröselige Panade, die sich sofort in der ganzen Raumstation verteilt hätte. Ein echtes Schnitzel wäre also ein Sicherheitsrisiko gewesen und musste daher zugunsten weltraumtauglicherer Lebensmittel auf der Erde bleiben.

Austromir (Teil 1): Ein Österreicher im All

Franz Viehböck brachte österreichische Spezialitäten mit ins All (Credit: BMBWK)

Im Rahmen dieses besonderen Flugs wurden zudem einige symbolische Gegenstände mit ins All gebracht. Sie erhielten den „Austromir“-Stempel, der bestätigte, dass die Objekte tatsächlich mitgeflogen waren. Damit wurden sie nach Viehböcks Rückkehr zu wertvollen, historischen und symbolischen Objekten.

Das war mit dabei:

  • Der AUSTROMIR-Bordstempel mit dem Datum 7. Oktober 1991
  • Flagge der Republik Österreich
  • 8 Wimpel mit Staatswappen sowie 9 Wappen der Bundesländer und 100 Wimpel in Nationalfarben
  • 10 Faksimile der Ostarrichi-Urkunde
  • Tonbandkassette mit dem Donauwalzer
  • Seite aus „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry (Lieblingsbuch des damaligen Wissenschaftsminister Erhard Buseck)
  • Seiten aus 9 Mozartpartituren
  • QSL Karten
  • Kupferquader, mit dem später Plaketten galvanisiert, also veredelt, wurden
  • 125 Medaillen
  • 10 Urkunden für Schulen, die am Projekt AREMIR beteiligt waren
  • 30 Kuverts mit Sonderpostmarken zu Austromir sowie 1.000 einzelne Briefmarken

Außerdem war ein Poster der Bundesländer-Versicherungen dabei, denn sie waren einer der Hauptinvestoren von Austromir. Neben der österreichischen Regierung investierten etwa 30 Firmen private Gelder, darunter auch die Zentralsparkassen. Die Logos der Zentralsparkassen und Bundesversicherungen sind auf dem Raumanzug von Viehböck zu sehen.

Pumpen im Weltall

Austromir war aber nicht nur ein kulturelles Ereignis, sondern sollte wichtige Errungenschaften für die Raumfahrt hervorbringen. Ein bedeutendes Experiment war „Motomir“. Dabei handelt es sich um ein Ergometer mit Servomotoren und verstellbarem Widerstand, mit dem Arme und Beine trainiert werden.

Schon zuvor war klar, dass Menschen in der Schwerelosigkeit rapide an Muskelmasse verlieren. Ohne Training kehrt ein 40-jähriger Mann nach 6 Monaten in der Schwerelosigkeit mit dem Körperbau eines 80-jährigen zurück. Mit Motomir konnte nun erstmal genau der Trainingseffekt nachvollzogen werden.

Viehböck beim Motomir-Training (Credit: BMBWK, Wien)

Motomir blieb als Trainingsgerät auf der Raumstation. Die Erkenntnisse waren für Langzeitaufenthalte in der Schwerelosigkeit wichtig und bildeten die Grundlagen für heutige Aufenthalte im Weltraum.

Die Besatzung der ISS trainiert täglich bis zu 1,5 Stunden, um ihre Muskelkraft zu behalten. Die Geräte dafür sind natürlich fortschrittlicher. So gibt es ein spezielles Laufband, ein Fahrrad sowie eine Maschine, die Gewichtheben simuliert.

Strahlungsmesser für NASA-Missionen

Mit dem Experiment „Dosimir“ entwickelte das Wiener Atominstitut ein weiteres, noch heute relevantes System. Dabei wurde ein Strahlenmessgerät, ein sogenanntes Dosimeter, gebaut, mit dem sich verschiedene Strahlungsarten messen ließen – das war bis dahin nicht möglich.

Das funktioniert so: Strahlungsteilchen treffen im All auf ein Trägermaterial, wo sie gespeichert werden. Auf der Erde wird das Trägermaterial dann wieder erhitzt und die gespeicherte Strahlung wird wieder abgegeben. So lässt sich Art und Intensität der Strahlung bestimmen.

Zuletzt war dies wichtig für Helga und Zohar. Sie sind zwei Puppen mit Frauenkörpern, die im Orionraumschiff für die Mondmission Artemis 1 der NASA im All unterwegs waren. Im Rahmen des Projekts MARE (MATROSHKA AstroRad Radiation Experiment) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der israelischen Raumfahrtagentur ISA wurden die neuen Raumfanzüge getestet.

Dummies Helga und Zohar (Credit: NASA/Lockheed Martin/DLR)

Während Zohar eine Strahlungsweste trug, hatte Helga keinen Schutz. Insgesamt 12.000 Detektoren waren auf die beiden Dummies verteilt. Die Studie ergab, dass die AstroRed-Schutzweste Frauen auf dem Flug zum Mond außerhalb des Van-Allen-Gürtels vor krebserregender Strahlung schützt.

Zudem kam man zur Erkenntnis, dass die Orion-Kapsel bestimmte, besser geschützte Bereiche hat. Im Falle einer hohen Strahlenbelastung, etwa durch einen Sonnensturm, kann sich die Besatzung in diese Schutzzonen zurückziehen. Die Studie erschien im September 2024 im Fachmagazin Nature (englisch).

Erdbeobachtung und Impuls-Triebwerk

Die Erdbeobachtung ist eines der wichtigsten Segmente der europäischen Raumfahrt. Österreich spielt hier auch heute noch eine wichtige Rolle. Mit „FEM“ (Fernerkundung mit MIR) wurden Satellitenaufnahmen im Infrarot- und ultravioletten Bereich gemacht. Dafür wurde eine Multispektralkamera des Typs MKF-6MA sowie das Aufnahmesystem PRIRODA-5 verwendet. Zeitgleich zu den über Österreich erstellten Bildern wurden auch Aufnahmen aus einem Flugzeug gemacht und Messungen durch Bodenstationen.

Vor allem für Österreichs Wirtschaft ist das Experiment „Logion“ noch heute von Bedeutung. Damit wurde ein Ionenstrahl geschaffen, also ein Strahl elektrisch geladener Teilchen. Objekte wie Raumschiffe oder Satelliten laden sich im All elektrisch auf, was dazu führen kann, dass z. B. Messgeräte oder Solarkollektoren ausfallen. Der Ionenstrahl konnte die positive Ladung neutralisieren.

Aus der Technologie entstand dann die Idee für ein Ionentriebwerk. Auf Basis weiterer jahrelanger Tests entwickelte das Forschungsunternehmen Fotec aus der Wiener Neustadt dann FEEP (Field Emission Electric Propulsion). Dabei werden Ionen des Flüssigmetalls Iridium mithilfe eines starken elektrischen Feldes entzogen, beschleunigt und zu einem Strahl gebündelt. Dieser wird ausgestoßen, was für Schub sorgt. So ermöglicht der Antrieb die präzise Steuerung von Kleinsatelliten.

Kommerzialisiert wurde die FEEP-Technologie dann von der Firma Enpulsion, die seit 2016 einer der weltweit wichtigsten Lieferanten solcher Triebwerke ist. Dies zeigt auch: Grundlagenforschung ist wichtig, dauert aber manchmal Jahrzehnte, bis sie auch in der Wirtschaft Früchte trägt.

Austromir: Ein Schnäppchen

Inflationsbereinigt kostete die gesamte Austromir-Mission umgerechnet 35 Millionen Euro (damals 230 Millionen Schilling). Natürlich ist das viel Geld, das steht außer Frage. Mit den Kosten für einen heutigen Raumflug ist das trotzdem nicht zu vergleichen.

Konkrete Zahlen lassen sich zwar kaum nennen, es gab aber in den vergangenen Jahren einen Anhaltspunkt. Das private Unternehmen Axiom Space hatte Medienberichten zufolge für seinen ersten Flug zur ISS, Axiom-1, 55 Millionen US-Dollar (50 Millionen Euro) pro Ticket verlangt – allerdings dürfte man hier zu günstig kalkuliert haben. Für Axiom-4, das noch in diesem Jahr starten soll, bringt Ungarn mit Tibor Kapu einen Astronauten für einen Monat auf die ISS. Für die Mission investierte das Land 100 Millionen Dollar (91,3 Millionen Euro), hieß es 2022 bei der ESA-Ministerratssitzung.

Eine Österreicherin im All?

Seit 1991 wartet Österreich nun darauf, dass wieder ein:e Astronaut:in in den Weltraum kann. Die Chancen dafür stehen gut, denn mit der Weltraummedizinerin Carmen Possnig hat es 2022 eine Österreicherin in die Reserve der ESA-Astronaut:innen geschafft. Noch in diesem Jahr wird sie ihr Training beginnen.

Podcast: Astromir (2/2): Schnitzelverbot

Die Podcast-Folge hört ihr überall, wo es Podcasts gibt. Alle 2 Wochen sprechen Franziska Bechtold und Christian Klösch über die Geschichte der Raumfahrt.